
Der digitale Zwilling im Gebäude und in der Produktion
- On 25. Januar 2022
Gastbeitrag | Autoren: Dr. Dirk Mayer, Abteilungsleiter Verteilte Analyse- & Regelsysteme, Dr. Jan Bräunig, Gruppenleiter Automatisierungs- & Regelsysteme, Tommy Wohlfahrt, Wissenschaftlicher Mitarbeiter | Fraunhofer IIS, Institutsteil Entwicklung Adaptiver Systeme EAS
Durch die Bestrebungen im Rahmen der Energiewende ist insbesondere der Gebäudebereich einer großen Einsparforderung ausgesetzt. Gebäude verursachen einen wesentlichen Beitrag zum Verbrauch von Primärenergie, so dass Effizienzsteigerungen einen großen Beitrag zur Reduktion dieses Energieeinsatzes leisten können.
Da die reine Anbringung von dämmenden Materialien inzwischen an Grenzen stößt, ist die optimale Auslegung und Betriebsführung von Gebäudeenergiesystemen zunehmend relevant.
Zudem werden moderne Energiesysteme zunehmend komplexer: Verschiedene, teils wetterabhängige, erneuerbare Energiequellen, sektorengekoppelte Erzeuger wie Blockheizkraftwerke, Speicher und Verbraucher müssen so orchestriert werden, dass das System im Idealfall möglichst autark betreiben wird.
An dieser Stelle lohnt der Einsatz eines digitalen Zwillings, der über die Anlagenkonfiguration hinaus auch eine Simulation des (Nutzer-)Verhaltens ermöglicht.
So werden in Hinblick auf Neu- oder Erweiterungsbauten präzisere Dimensionierungen der einzelnen Komponenten, aber auch die Untersuchung innovativer Energieversorgungskonzepte möglich.
Ein weiterer Ansatz ist die Optimierung im laufenden Betrieb. So lässt sich mit Modellen auch die Betriebsführung mit modellprädiktiven Verfahren oder Methoden des maschinellen Lernens optimieren. Hier kann erprobt werden, welche weiteren Eingangsdaten (Wetter, Raumbelegung & ggf. Smart-Grid-Anbindungen etc.) einen weiteren Mehrwert bringen und wie genau die Instrumentierung mit entsprechender Sensorik vorgesehen werden sollte (weitere Informationen zum Vorgehen erhalten Sie hier).
Da die Simulation gegenüber dem realen Zeitverlauf deutlich beschleunigt ist, können in kurzer Zeit größere Studien und ein umfangreiches Training von KI-basierter Anlagensteuerung umgesetzt werden. Besonders eindrucksvoll wurde dies jüngst in einer Untersuchung zur Simulation Raumlufttechnischer Anlagen zur Unterstützung von Planung und Betrieb von Nichtwohngebäuden aufgezeigt (weitere Informationen zum Vorgehen erhalten Sie hier).
Die vorab durchgeführte Parametrierung der Algorithmen kann mittels Verfahren des Transfer Learning auch dazu eingesetzt werden, die Zeit zum Anlernen des Energiesystems während der realen Inbetriebnahme zu verkürzen.
Eine Herausforderung bleibt der immer noch relativ geringe Digitalisierungsgrad der Bauindustrie sowie der Umstand, dass zahlreiche Planungsprozesse für teilweise alte Bestandsgebäude im Rahmen einer energetischen Sanierung erforderlich werden. Hier müssen aus messtechnisch ermittelten Anlagendaten und nur teilweise digital aufbereiteten Planungsunterlagen funktionale Simulationsmodelle abgeleitet werden. Dies ist Gegenstand laufender Forschungsprojekte wie FMI4BIM oder ARCHE, erste Erkenntnisse konnten aber bereits in produktive Planungsvorhaben umgesetzt werden.
Im Fall großer Anlagen und Gebäude mit hoher Komplexität, wie sie in der Klimatisierung von Reinräumen oder der industriellen Produktion vorkommen, sind diese Ansätze neben dem Umweltaspekt für den Betreiber auch insbesondere wirtschaftlich attraktiv, da mit steigender Anlagenkomplexität auch das Einsparpotential steigt.
Verweise der Links auf weiterführende Artikel
1
Huang, Chenzi ; Seidel, Stephan ; Jia, Xuehua ; Paschke, Fabian ; Bräunig, Jan:
Energy Optimal Control of a Multivalent Building Energy System using Machine Learning.
In: Klein, C. ; Institute for Systems and Technologies of Information, Control and Communication -INSTICC-, Setubal:
10th International Conference on Smart Cities and Green ICT Systems, SMARTGREENS 2021. Proceedings : April 28-30, 2021, Online Streaming, held in conjunction with ICEIS 2021, VEHITS 2021 and CLOSER 2021
Setubal: SciTePress, 2021, S.57-66
(http://publica.fraunhofer.de/documents/N-634736.html | Erstelldatum: 8.5.2021. Zugriffsdatum: 24.1.2022)
2
Manotas Ramos, Miguel Eduardo ; Eckstädt, Elisabeth (Betreuer) ; Wilde, Andreas (Betreuer) ; Seifert, Joachim (Betreuer):
Untersuchungen zur Simulation Raumlufttechnischer Anlagen zur Unterstützung von Planung und Betrieb von Nichtwohngebäuden.
Dresden, 2021, VIII, 52 S.
(Dresden, TU, Studienarbeit, 2021)
(http://publica.fraunhofer.de/documents/N-634732.html | Erstelldatum: 22.7.2021. Zugriffsdatum: 24.1.2022)
Weiterführende Informationen
Kontakt
Dr. JAN BRÄUNIG
Gruppenleiter Automatisierungs- & Regelsysteme | Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS, Institutsteil Entwicklung Adaptiver Systeme EAS (Fraunhofer IIS/EAS)
jan.braeunig@eas.iis.fraunhofer.de
+49 351 45691-380
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Luisa Göhler
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