

Gastbeitrag
ECC4P - Effizienter fertigen mit maßgeschneiderter, KI-gestützter Überwachung und Automation

15. April 2025
Daten
Automatisierung
Die intelligente Nutzung von Prozessdaten bietet enormes Potenzial zur Optimierung der industrielle Fertigung: Vom automatisierten Werkzeugwechsel bei Erreichen von Verschleißgrenzen über das automatisierte Aussortieren von Ausschussteilen bis hin zu gesteuerten Anpassungen von Prozessparametern zur Steigerung der Produktivität und Bearbeitungsqualität. Die Werkzeugmaschinen selbst wie auch zusätzliche Sensoren liefern die entscheidenden Daten dafür. Sie erzeugen kontinuierlich wertvolle Informationen über Prozess-, Werkzeug- oder Bauteilzustand. Die Herausforderung besteht darin, diese Daten prozessparallel zu erfassen, zu verarbeiten und Handlungsentscheidungen daraus abzuleiten.

Dipl.-Ing. AlexanderSchuster
Abteilung Werkzeugmaschinentechnik
Fraunhofer IWU
Mit dem »Edge Cloud Continuum for Production« (ECC4P) entwickelte das Fraunhofer Cluster of Excellence Cognitive Internet Technologies CCIT unter der Leitung des Fraunhofer IWU erstmals eine ganzheitliche und skalierbare Überwachungs- und Automationslösung, die gezielt die Herausforderungen in der Zerspanung und Umformung in den Fokus rückt. ECC4P unterstützt fertigende Unternehmen dabei, ihre Produktionsprozesse zu überwachen, zu dokumentieren und zu automatisieren – von der Erfassung sensibler Prozessdaten am lokalen Edge-Gerät über das KI-Training in der Cloud bis hin zu intelligenten Anpassungen von Abläufen vor Ort.
Schematische Darstellung der ECC4P-Infrastruktur © Fraunhofer IWU
Akquise und Verarbeitung hochfrequenter Prozessdaten
Ein zentrales Element des ECC4P ist die Akquise hochfrequenter Messdaten aus den Maschinensteuerungen sowie aus zusätzlichen Sensoren. Hierfür stehen die innovativen Sensorsysteme smartGRIND für die Überwachung von Schleifprozessen, smartTOOL für Fräs- und Bohrprozesse und smartNOTCH für Umformprozesse zur Verfügung. Die Sensorsysteme können mithilfe eines Gateways über verschiedene standardisierte Datenschnittstellen, wie PROFINET, EtherCAT, RS-485 oder IO-Link, mit Auswertesystemen oder direkt mit der Maschinensteuerung kommunizieren. Die Sensorsystemdaten werden gemeinsam mit den Maschinendaten an einen Edge IPC direkt an der Maschine übergeben. Hier werden die Daten vorverarbeitet, synchronisiert und ausgewertet.
In-Line-Datenanalyse direkt an der Maschine
Die Auswertung der Prozessdaten erfolgt unmittelbar auf dem Industrie-PC mithilfe eines KI-basierten Analysemoduls. Die hinterlegten KI-Modelle werden individuell an den zu überwachenden Bearbeitungsprozess angepasst und mithilfe realer Prozessdaten antrainiert. Je nach Anwendungsfall kann so bspw. eine Detektion von Prozessanomalien, Bauteilausschuss oder Werkzeugverschleiß realisiert werden. Die Auswerteergebnisse können direkt an die Maschinensteuerung zurückgegeben werden, um so eine automatisierte Reaktion auf das Eintreten von produktionskritischen Szenarien einzuleiten.
Aggregation aller Daten in der Edge Layer
Falls die auf den IPCs je Maschine gesammelten und ausgewerteten Prozessdaten einer weiteren Verwendung zugeführt werden sollen, so bietet ECC4P-Infrastruktur hierfür eine Edge-Datenhaltungslösung auf Basis der LinkedFactory-Datenarchitektur zur Verfügung. Kontinuierlich werden hier alle Prozessdaten und Analyseergebnisse hochgeladen, gespeichert und strukturiert. Ein entsprechendes Dashboard ermöglicht das Abrufen und Visualisieren dieser Mess- und Analysedaten. Von hier aus stehen die Daten sowohl einer unternehmenseigenen Server- oder Cloud-Instanz als auch der ECC4P-Cloud zur Verfügung.
Bedarfsorientiertes KI-Training in der Cloud
Die gesammelten und verarbeiteten Daten bleiben zu jeder Zeit unter der Kontrolle des Dateneigentümers. Es kann allerdings ein Datenaustausch zwischen Edge Layer und ECC4P-Cloud initiiert werden, falls für die Überwachung der Fertigungsprozesse neue oder angepasste KI-Modelle benötigt werden, z. B. wenn mit der Zeit Änderungen an den Maschinen oder Prozessen auftreten oder neue Produktionsprozesse eingerichtet wurden. Dann können ganz flexibel mithilfe einer grafischen Benutzeroberfläche neue Messdatensätze der ECC4P-Cloud freigegeben werden, wo dann ein automatisiertes (Nach-) Trainieren der KI-Modelle erfolgt. Im Anschluss stehen die neuen Auswertemodelle unmittelbar wieder der Edge-Seite zur Verfügung. Auf diese Weise wird das rechenintensive Training der Modelle auf die Cloud-Seite verlagert, während besonders reaktionskritische Prozesse von der lokalen Verarbeitung und Auswertung auf dem maschinennahen IPC profitieren.
Souveränität und Sicherheit der Daten
Für die Freigabe und Übertragung der Prozessdaten und KI-Modelle zwischen Edge und Cloud werden Datenraum-Technologien, in dem Falle der Eclipse Dataspace Connector (EDC), genutzt. Dieser stellt sicher, dass das Teilen von Daten nur gemäß vereinbarter Datennutzungsregeln erfolgt. Somit wird stets die Souveränität aller Daten sichergestellt.
Zusätzlich werden die Edge- und Cloudinfrastrukturen durch automatisierte Sicherheitsaudits und Schwachstellenanalysen kontinuierlich auditiert, um die Einhaltung von Sicherheits- und Compliance-Standards zu gewährleisten.
Modularität als Schlüssel zur individuellen Lösung
Mit ECC4P zeigen wir eine wissenschaftlich-technische Lösung, die aus der intensiven Forschung verschiedener Fraunhofer-Institute entstanden ist – und die in Zukunft kontinuierlich ausgebaut und weiterentwickelt wird. Wir bieten hiermit nicht nur die nötige Infrastruktur für eine vernetzte Gesamtarchitektur an, sondern stellen gleichzeitig auch die Komponenten für alle Teilschritte von der maschinennahen Überwachung und Automation über die übergeordnete Datenorganisation bis hin zur pragmatischen Nutzung von Cloud-Ressourcen zur Verfügung. Im Baukastenprinzip kann somit die für Ihre Produktionsprozesse optimale Lösung individuell zusammengestellt werden.
Unsere strategischen Partner
Unsere Schlüsselpartner runden unseren Technologiestack mit entsprechender Software, Hardware und Konnektivität ab. Hinzu kommen Kooperationen mit Forschung, öffentlicher Hand, Startups sowie Anwendern.