
Nachhaltigkeit sehen wir als gesamtgesellschaftlichen Zwang
- On 28. März 2021
Gastbeitrag | Eric Weber, CEO & Managing Director | SpinLab – The HHL Accelerator
Ihr seid einer der 12 Hub der Digital Hub Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi): Welche Rolle spielt für euch das Thema Nachhaltigkeit und wo begegnet es euch in eurem Hub Alltag?
Da wir im Smart Infrastructure Hub die Themen Energie, Smart City und Gesundheit adressieren bedienen fast alle unsere Startups im SpinLab Accelerator Nachhaltigkeitsaspekte. Auch für unseren Seed-Fonds Smart Infrastructure Ventures spielen ESG-Kriterien eine wichtige Rolle für Investmententscheidungen. Unser Research Center for Sustainable und Smart Infrastructure trägt die Nachhaltigkeit gleich ganz im Titel. Als Hub beteiligen uns bei der Initiative Leaders for Climate Action und wollen 2021 CO2-neutral werden. Dafür haben wir zuletzt u.a. alle Leuchtmittel gegen LEDs getauscht, verzichten auf Inlandsflüge, spenden Bäume und vieles mehr. Ein wichtiger Bestandteil der Initiative ist, dass zunächst die Führungskräfte (Leader) persönlich vorangehen durch klare Kommunikation und persönliche CO2-Neutralität. Letzteres habe ich seit 2019 bereits erreicht durch Kompensation. Letztlich wäre allerdings Vermeidung der Kompensation vorzuziehen.
Ist Nachhaltigkeit ein Trend in der Startup-Szene?
Nachhaltigkeit sehen wir als gesamtgesellschaftlichen Zwang. Nicht nur zum Erhalt der Lebensqualität, sondern auch für die wirtschaftliche Nachhaltigkeit. Ein Beispiel: wie viele heute junge Leute werden in 10 Jahren noch Kleidung aus Kinderarbeit kaufen?
Wie steht die deutsche Startup- und Unternehmenslandschaft hierbei im internationalen Vergleich da?
Traditionell ist Deutschland in diesem Sektor gut aufgestellt. Viele Ansätze sind hier auch nicht rein digital zu lösen, was der Struktur der deutschen Innovationslandschaft und des deutschen Mindsets eher entgegenkommt.
Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit für Investoren?
Investoren auf allen Ebenen müssen sich zusehends mit Nachhaltigkeitskriterien (ESG*) auseinandersetzen. Dies hat u.a. die Diskussion zum Thema bei unserem letzten HHL SpinLab Investors Day gezeigt. Institutionelle Investoren, von Versicherungen über Stiftungen bis hin zu großen Fonds, verlangen schlichtweg zunehmend ESG-Compliance und wer dies nicht erfüllt, wird im Fundraising deutliche Nachteile haben. Das wird einer der wesentlichen Treiber und die Geldströme in den nächsten Jahren zunehmend in nachhaltige Anlagen lenken.
ESG steht gleich für drei Aspekte der Nachhaltigkeit
- E = „Environment“/Umwelt
- S = „Social“/Soziales
- G = „Governance“/Unternehmensführung.
Nachhaltigkeit ist also nicht nur ein reines Umwelt-Thema, wie oftmals vermutet wird, sondern umfasst auch den Umgang eines Unternehmens mit seinen Mitarbeitern oder mit dem Thema Menschenrechte und die Grundsätze guter Unternehmensführung, etwa die Entlohnung der Vorstände. Jeder der drei Aspekte beinhaltet eine Reihe von Kriterien. In der Summe lässt sich anhand des ESG-Ansatzes also prüfen, wie nachhaltig ein Unternehmen arbeitet. Und die Integration dieser Aspekte hat, das belegen Studien, einen langfristig positiven Einfluss auf das Geschäftsmodell und den finanziellen Erfolg des Unternehmens und kommt so auch Anlegern zu Gute.
Welche Rolle spielt der CO2-Ausstoß im Kontext der Nachhaltigkeit?
Beim CO2-Footprinting passiert sehr viel, denn es ist die Grundlage für Unternehmen erstmal den Status-Quo zu ermitteln und dann Aktionen abzuleiten. Dabei gibt es dann viele Möglichkeiten von der Energieerzeugung und Speicherung, wo es gerade sehr interessante Entwicklungen im Bereich ‚grüner‘ Gase wie Wasserstoff gibt, bis hin zur Vermeidung von Emissionen. Auch der Agrarsektor sowie der Mobilitätsbereich sind dabei im massiven Umbruch. Insgesamt glaube ich persönlich allerdings, dass alle Versuche der Vermeidung von Emissionen auch bei steigender Weltbevölkerung und steigendem globalen Wohlstand in Summe nicht ausreichen werden, um das Pariser Klimaabkommen einzuhalten. Ich persönlich gehe davon aus, dass wir neben der Vermeidung als primäre Lösung sekundär auch auf den Entzug von bereits freigesetztem CO2 aus der Atmosphäre setzen müssen, sowohl durch biologische Mittel wie Aufforstung, als auch durch technische Mittel wie die Nutzung von CO2 als Ausgangsstoff z.B. in der Bauindustrie. Es ist nahezu grotesk das heute noch ein Großteil des CO2s in Getränken aus Kostengründen zusätzlich aus dem Boden gefördert wird statt CO2 aus der Atmosphäre zu nutzen.
Was sind die wichtigsten Anreize (auch von europäischer Ebene), sich als Unternehmen überhaupt mit dem Thema CO2-Neutralität zu beschäftigen und hier aktiv zu werden?
Neben der Kundennachfrage sehe ich vor allem den CO2-Emissionshandel als interessantes Steuerungsinstrument. Durch den Einbezug der Emissionen werden bisher externalisierte Kosten in die Produktpreise einbezogen und damit künftig ein Impuls für eine nachhaltigere Nachfrage gesetzt.
Im Hub sehen wir Lösungspotential immer im Zusammenspiel mehrerer Experten oder Partner. Ist dies beim Thema Nachhaltigkeit ähnlich?
Die Komplexität der Probleme lässt die Komplexität der Lösungen nur erahnen. Das werden einzelne Akteure gar nicht schaffen können, sodass ein wesentliches Element für mehr Nachhaltigkeit auch die Vernetzung ist. Das führt dann auch entsprechend zu Gruppendynamiken, die für viele eine große Motivation darstellen.
Vielen Dank, Eric, für das Interview!
Über Eric Weber
Nach Stationen bei B2B-Unternehmen im IT- und Großhandel arbeitete Eric Weber bei der HHL und der Startup-Initiative SMILE im Bereich Entrepreneurship und als freier Startup-Berater. Außerdem war er Mitgründer einer kleinen Medienagentur und leitete mehrere Vereine. Seit 2014 ist er Gründer und Geschäftsführer von SpinLab – The HHL Accelerator, einem führenden 6-monatigen Accelerator-Programm mit Sitz in Leipzig. 2019 ist er Mitbegründer des Startup-Seed-Fonds Smart Infrastructure Ventures und fungiert als Venture Partner. Eric hat einen BA von der Berufsakademie Sachsen, einen MSc von der Universität Leipzig und einen PhD von der HHL Leipzig Graduate School of Management.
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Kontakt
ERIC WEBER
CEO & Managing Director
SpinLab – The HHL Accelerator
Spinnereistrasse 7
04179 Leipzig
+49 341 – 355785-70
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www.spinlab.co
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